Was ist unter Familie zu verstehen?
Was ist unter Familie zu verstehen?
Alle, die in der Pfarre leben, sind uns willkommen. Beziehungen, Ehen und Familien sind sehr unterschiedlich. Es gibt keine richtige oder falsche Familienform. Es geht darum, in der jeweiligen Situation gut zurecht zu kommen und einander in liebevoller und wertschätzender Haltung zu begegnen.
Unterschiedliche Familienformen gibt es heute und hat es immer gegeben. Die Bezeichnung "intakte/heile Familie" wird zuweilen für eine bestimmte Familienform verwendet. Das ist nicht richtig. In allen Familienformen leben Menschen, die glücklich sind, ihr gemeinsames Leben gut meistern und Freude aneinander haben. In allen Familienformen leben auch Menschen, denen das nicht gelingt, die einander verletzen, weh tun und schaden. Die Familienform selbst, ob Vater-Mutter-Kind(er)-Familie, Patchwork-Familie, Alleinerziehende bzw. Ein-Eltern-Familie, Regenbogen-Familie oder eine andere familiäre Zusammensetzung, ist nicht ausschlaggebend. Das heißt also, es geht um die gute Gestaltung des gemeinsamen Lebens und um die Qualität der Beziehung.
Alle Familienformen sind in der Pfarre willkommen. Keine darf abgewertet werden, und sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
In den beiden päpstlichen Dokumenten, 1981 Familiaris consortio (FC) und 2016 Amoris laetitia (AL) wird das ausdrücklich betont. Johannes Paul II. formuliert in Familiaris consortio: FC 65
"[…] Das pastorale Bemühen der Kirche beschränkt sich nicht nur auf die christlichen Familien in der Nähe, sondern kümmert sich, indem es den eigenen Horizont nach dem Maßstab des Herzens Jesu ausweitet, noch intensiver um alle Familien in ihrer Gesamtheit […] Das pastorale Handeln der Kirche muß fortschreitend sein, auch in dem Sinne, daß sie mit der Familie geht und sie Schritt für Schritt auf den verschiedenen Etappen ihrer Entstehung und Entwicklung begleitet."
Papst Franziskus betont in Amoris laetitia an vielen Stellen (z. B. AL 293, 294) die Aufgabe der Kirche, sich allen Menschen und ihrer konkreten Realität zuzuwenden. AL 297
"Es geht darum, alle einzugliedern; man muss jedem Einzelnen helfen, seinen eigenen Weg zu finden, an der kirchlichen Gemeinschaft teilzuhaben, damit er sich als Empfänger einer »unverdienten, bedingungslosen und gegenleistungsfreien« Barmherzigkeit empfindet. Niemand darf auf ewig verurteilt werden, denn das ist nicht die Logik des Evangeliums! Ich beziehe mich nicht nur auf die Geschiedenen in einer neuen Verbindung, sondern auf alle, in welcher Situation auch immer sie sich befinden. […]"
Die Beziehungskonstellationen in unserer Gesellschaft werden immer vielfältiger. Neue Familienformen entstehen und werden auf dem Hintergrund unterschiedlicher Lebenssituationen gelebt. Die Eheschließung ist nicht mehr selbstverständlicher Ausdruck dafür, dass zwei Menschen in einer verbindlichen Lebensgemeinschaft stehen. Etwa 20 Prozent der Kinder sind vor dem 19. Lebensjahr von Scheidung ihrer Eltern betroffen. Ein Teil dieser Kinder und Jugendlichen wächst mit Halbgeschwistern auf. Nicht wenige Kinder leben von Geburt an oder nach Trennung der Eltern nur mit einem Elternteil (meist mit der Mutter) zusammen.
Die Pastoral hat die Aufgabe, das Heilsangebot Gottes allen in ihrer je eigenen Lebenssituation so zu verkünden, dass sie es aufnehmen können. Es ist daher ratsam, die konkrete Pfarre dahingehend zu durchleuchten, in welchen Situationen die Menschen leben, und auf welche Formen von Beziehung, Ehe und Familie die Seelsorge einzugehen hat.
Hier als Anregung eine Aufzählung verschiedener Situationen: